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Sommer-Sonne-Fahrradfahren

  • von Lilli Nastl
  • 09 Juli, 2022

Samstag Vormittag, 10.30 Uhr, strahlende Sonne, keine Wolke am Himmel, 25 Grad Celsius – und es werden sicher noch mehr.
Ich tüdel gemütlich vom Einkauf mit dem Auto nach Hause …. und da sehe ich sie!!!!! – Die Dame mit Fahrrad, mir entgegenkommend, … UND … 4 kleinwüchsige Hunde neben dem Fahrrad herlaufend – in Worten „vier“! … an einer Leine, die sich dann aufteilt!!! … weil man kann ja nicht vier Leinen nehmen …. während man am Rad sitzt und damit fährt!!! ….. Nein, kann man nicht!!!!

Und schon fallen sie mir wieder ein – die Argumente, die ich 100fach schon gehört habe: „Die Temperatur passt“, „Endlich kann ich wieder Rad fahren“, „Der Hund braucht Auslauf“, „Der Hund hat dabei voll Spaß!“

…. NEIN – hat er nicht!!!! Jedenfalls dann nicht, wenn draußen sommerliche Temperaturen herrschen und man möglicherweise auch noch über die Mittagszeit oder nachmittags und bei strahlendem Sonnenschein diesem Hobby nachgeht.

Und gleich zu Anfang der Hinweis:
Eine von unzähligen Regelungen der Strassenverkehrsordnung.....

Trotzdem sehe ich im Sommer immer wieder Menschen mit Fahrrad auf z.B. Feldwegen, die ihre Hunde nebenher laufen lassen.

Und darum möchte ich etwas zu diesem Thema sagen, in der Hoffnung, dass sich manche Hundehalter Gedanken darüber machen, ob sie ihren Hunden überhaupt etwas Gutes tun, wenn sie sie bei hohen Temperaturen zu sportlichen Leistungen animieren.

Was spricht gegen das Fahrradfahren? (abgesehen von den gesetzlichen Regelungen)

Was für den Menschen ein lockeres, vielleicht etwas zügigeres Dahingleiten durch die Gegend darstellt, bedeutet für die meisten Hunde Hochleistungs-Arbeit. Sie müssen mit viel mehr Bewegung und Kraftaufwand die Distanz überwinden, sie müssen sich weitaus mehr anstrengen als der gemütlich dahinradelnde Mensch!

Und je wärmer die Luft-Temperatur ist, desto mühsamer ist es für den Hund.

.) Der Mensch kann sich über den Fahrtwind abkühlen – der Hund kann das nicht!

.) Das Rad übernimmt einen Großteil der Bewegungsaktivität für den Menschen – der Hund muss die Fortbewegung durch eigene Muskelkraft bewältigen.

.) Der Mensch kann pausieren und das Rad einfach mal laufen lassen – der Hund muss immer mitlaufen.

.) Der Mensch findet Gefallen am Betrachten der Umgebung während des Fahrens – der Hund hat keine Möglichkeit, seine Umgebung durch Schnuppern wahrzunehmen, sondern muss dem Menschen durch Laufen folgen und kann dadurch seinen natürlichen Instinkten nicht nachkommen.

.) Ebenso besteht Verletzungsgefahr, wenn der Hund gar nicht daran gewöhnt ist, immer auf derselben Seite des Besitzers (oder in dem Fall Fahrrad) zu laufen! Sich einfach mal aufs Rad zu setzen, der Hund wird schon wissen, was er zu tun hat …. ist schlicht und einfach verantwortungslos!

Körpertemperatur des Hundes und ab wann es gefährlich wird

Sportliche Betätigungen

Ich muss gestehen, mir kommt immer das Grauen, wenn ich im Sommer Menschen Radfahren oder laufen sehe und daneben läuft ein stark hechelnder Hund, der grade noch so mithalten kann – und seinem Besitzer fällt gar nicht auf, wie sehr der Hund bereits am Limit ist!!!! Ich finde so etwas ganz ganz schrecklich!

Für sportliche Aktivitäten, bei denen der Hund viel Laufarbeit oder Körpereinsatz leisten muss, müssen gewisse Grundvoraussetzungen gegeben sein:

1. Anatomie und Trainingszustand

.) Für kurzbeinige Rassen (z.B. Dackel, ev. auch Mops) eignen sich längere Laufstrecken überhaupt nicht. Der Kraftaufwand ist für Kurzbeiner unverhältnismäßig größer – auch für kürzere Distanzen – als für Hunde mit längeren Beinen.

.) Ebenso spielt die Wirbelsäule eine große Rolle. Sie ist die Verbindung zwischen Hinter- und Vorderhand und muss beim Traben oder Galoppieren die nötige Beweglichkeit und die Möglichkeit zu uneingeschränkten Kraftweiterleitung aus der Hinterhand aufweisen können. Hunde mit einer fallenden Rückenlinie, wie z.B. Deutsche Schäferhunde mit stark gewinkelten Hinterbeinen, sind alleine dadurch schon stark beeinträchtigt, dass die Hinterhand nicht den nötigen Spielraum für eine adäquate Bewegung aufweist und in weitere Folge auch die Wirbelsäule nicht dementsprechend ausgerichtet ist.

.) Brachycephale Rassen – also Rassen mit sehr kurzer Nase wie z.B. Mops oder Französische Bulldogge, die aus Rassestandards entsprechenden Züchtungen hervorkommen – sind absolut nicht geeignet, eine längere Strecke nebenher zu laufen. Sie sind am häufigsten der Gefahr ausgesetzt, eine Überhitzung oder sogar Hitzschlag zu erleiden. Der Grund liegt tatsächlich in ihrer Kopfform. Hunde können übermäßige Hitze nur über starkes Hecheln und Verdunstung von Wasser über die Atemwege – also auch die Nase - ableiten.
Jedoch sind gerade die Nase und die Atemwege bei diesen Rassen stark rückgezüchtet und somit in ihrer Funktion massiv beeinträchtigt.

Ein zu großes Gaumensegel im Rachenbereich behindert den natürlichen Luftstrom, der Hund bekommt schlichtweg zu wenig Sauerstoff – und was den einen oder anderen Besitzer am nächtlichen Schnarchen seines Hundes so entzückt, kann bei übermäßiger Aktivität des Hundes fatale Folgen haben!

.) Untrainierte Hunde gleich mal auf eine längere Strecke mitnehmen, ist ein No-Go. Längeres Laufen muss für den Hund erst mal trainingstechnisch in kleinen Schritten aufgebaut werden, damit sich auch eine entsprechende Muskulatur ausbilden kann. Wir Menschen können auch keinen Marathon ohne Training laufen.

.) Auch bereits trainierte Hunde, die aber vielleicht über den Winter weniger sportlich unterwegs waren, sollten für mehr sportliche Aktivität durch Kraft- und Muskelaufbau vorbereitet werden.

 

2. Passende Ausrüstung

.) Prinzipiell – also für alle Arten von Bewegung oder sportlicher Aktivität – gilt: Der Hund darf in seiner Bewegung nicht eingeschränkt sein!

Mittlerweile gibt es eine Unmenge verschiedenster Brustgeschirre, leider sind nicht alle dazu geeignet, dem Hund die nötige Bewegungsfreiheit zu geben. Manche Brustgeschirre verlaufen direkt über dem Schulterblatt und behindern so die freie Bewegung der Scapula beim Vorführen der Vorderhand.

.) Wasser mitzuführen ist immer eine gute Idee – für Mensch und Hund. Und erst recht, wenn auf der geplanten Strecke kein natürliches Gewässer vorhanden ist.

3. Wetterbedingungen

Der Mensch kann durch Schwitzen am ganzen Körper übermäßige Hitze abgeben, der Hund hat jedoch keine Möglichkeit zu schwitzen (außer ganz diskret über die Pfotenballen). Er muss hauptsächlich über das Hecheln das Zuviel an Wärme loswerden bzw. über das Verdunsten von Wasser in den Atemwegen. Dabei gilt: Je länger die Nase, umso besser die Wärmeableitung. Damit haben – wie schon erwähnt - kurznasige oder brachycephale Rassen das Nachsehen. Ist es dem Hund nicht möglich, die Körpertemperatur entsprechend zu regulieren, kommt es unweigerlich zu einer Überhitzung, die im schlimmsten Fall in einem Hitzschlag endet!

Der Hundebesitzer muss sich bewusst machen, dass bereits 20°C Außentemperatur bei andauernder Belastung eine Gefahr für Überhitzung beim Hund darstellt!!!


4. Bodentemperatur

Dies gilt nicht nur für Sport, sondern für jegliche Outdoor-Aktivität – und sei es nur ein gemütlicher Spaziergang: Asphalt im Sommer ist ein absolutes „NO-GO“, wenn er durch die Sonne aufgeheizt ist.
Es herrscht akute Verbrennungsgefahr!!!!

Testet mal die Wärme des Asphalts/Beton mit eurer Handfläche oder der nackten Fußsohle, dann wisst Ihr, was ich meine.

Hunden zuzumuten, dass sie mit ihren Pfotenballen auf dem heißen Asphalt laufen, ist – würde ich sagen – sogar tierschutzrelevant.

Besser ist es, auf Wiesenstreifen oder auch Kiesstreifen auszuweichen. Mir ist schon klar, dass man vor allem im Stadtbereich oft nicht ausweichen kann, dann muss ich mir aber als verantwortungsvolle/r Hundebesitzer/in Gedanken darüber machen, ob ich in der Mittagshitze unbedingt Gassi gehen muss, oder welche Möglichkeiten ich noch habe (z.B. Hundeschuhe/Socken bis zur nächsten Wiesenfläche etc.)

Wie erkenne ich, wenn meinem Hund zu heiß ist?

Das erste Symptom ist jedenfalls übermäßiges Hecheln!

Natürlich hecheln Hunde oft schon bei normaler Bewegung, auch wenn die Lufttemperatur noch gar nicht so hoch ist. Das hängt von der jeweiligen Rasse, vom Alter und auch von der körperlichen Konstitution ab.

Ich gebe meinen Klienten dazu gerne den einfachen Tipp:
.) Je weiter die Zunge raushängt, je höher die Lefzen hinaufgezogen werden und je weiter das Maul offen ist, umso heißer ist meinem Hund.

Symptome einer bedenklichen Überhitzung, Gefahr eines Hitzschlags:

.) starkes Hecheln, mitunter weit geöffnetes Maul
.) stark gerötete Schleimhäute (wegen der erhöhten Durchblutung)
.) starkes Speicheln mit eher dickflüssiger Flüssigkeit
.) Erbrechen
.) Taumeln oder Schwanken
.) Hinsetzen oder Hinlegen mit nachfolgenden Schwierigkeiten beim Aufstehen
.) leerer Blick oder Unansprechbarkeit
.) Apathie bis hin zur Bewusstlosigkeit

Man könnte nun glauben, diese Symptome zeigen sich bei Außentemperaturen um die 30 °C und wenn man 10 – 20 km zügig mit dem Rad oder Scooter fährt und der Hund daneben her läuft.

Weit gefehlt!!! Und deshalb möchte ich nochmals darauf hinweisen: Schon bei 20°C Lufttemperatur und andauernder Bewegung ohne Pause steigt die Gefahr einer Überhitzung, bei 41 °C Körpertemperatur des Hundes besteht die akute Gefahr eines Hitzschlags!!!

Sollte man bei seinem Hund eines oder mehrere Symptome feststellen, muss natürlich sofort gehandelt werden. Jede weitere Minute in der prallen Sonne oder jeder weiterer Schritt stellen eine immense Gefahr dar, dass der Hund wirklich ernsthaft Schaden nimmt.
Sollte der Hund bereits kurz vor einem Kreislaufkollaps stehen, ist das ein absoluter Notfall! Da gilt es, so rasch wie möglich den/die nächstbeste/n Tierarzt/Tierärztin aufzusuchen.

Es kann natürlich immer mal passieren, in eine solche Lage zu geraten, auch wenn man sonst immer genau aufpasst. Und in der Hektik, die dann entsteht, weiß man vielleicht auch nicht gleich, was zu tun ist...
1.   Den Hund an einen kühlen, schattigen Ort bringen, der am besten auch noch gut belüftet ist
2.   Wasser anbieten, sofern keine Bewusstlosigkeit vorliegt. Ein paar Tropfen in den Maulwinkel träufeln hilft schon mal
3.   Kopf, Nacken und Extremitäten kühlen - feucht-kühle Tüchern kurz drauf legen, dann wieder entfernen
4.   Wenn nicht sofort, dann zumindest später eine/n Tierarzt/Tierärztin aufsuchen zum durchchecken lassen

Im Hinblick auf die Gefahren, die von der Hitze des Sommers für unsere Hunde ausgehen, muss ich jeden Hundebesitzer dringend ans Herz legen, in dieser Jahreszeit die frühen Morgenstunden oder die späten Abendstunden für Spaziergänge oder sportliche Aktivitäten zu nutzen und tagsüber den Hund im kühleren Zuhause zu lassen!

Wir tun unseren Lieblingen nichts Gutes, sie bei der größten Hitze nach draußen zu führen!!!

 

In diesem Sinne: Bleibt cool und im Schatten! :)

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