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Baukasten HUND - Das Blut

  • von Lilli Nastl
  • 29 März, 2022

Der Strom des Lebens

Diese rote Flüssigkeit, die den Körper unserer Hunde durchströmt, bekommt oft gar nicht die Aufmerksamkeit, die ihr eigentlich zusteht. Erst durch eine Verletzung wird sie sichtbar – und dann tun wir alles dafür, damit sie wieder unsichtbar wird, indem sich die Wunde verschließt.
Dabei ist das Blut das Um und Auf allen Lebens. Ohne Blut geht genau genommen gar nichts!

Es verbindet mit seinem Gefäßsystem alle Strukturen im Körper miteinander wie ein Straßennetz – von großen Gefäßen, die wie Autobahnen die Hauptverbindungen darstellen, bis hin zu kleinsten Dorfstraßen und Feldwegen, die auch noch das entlegenste Dorf mit dem großen Ganzen verbinden und versorgt damit den gesamten Organismus mit allen nötigen Stoffen.

Und es verdient viel mehr Beachtung, Respekt und gute Pflege, denn es erfüllt unzählige Aufgaben und arbeitet wie ein kleines Universum in sich, damit der Organismus so funktionieren kann, wie er soll.

WOHER KOMMT´S – WOHIN GEHT´S?

Beim erwachsenen Hund erfolgt die Blutbildung im roten Knochenmark. Das befindet sich zwischen den Trabekeln in den Endabschnitten der kurzen (z.B. Wirbelkörper), platten (Schulterblatt oder Rippen) und auch Röhrenknochen. Gesteuert wird die Blutbildung über Botenstoffe aus Organen wie der Niere, die Bescheid sagt, wenn z.B. mehr rote Blutzellen gebildet werden sollen.
Beim Ungeborenen im Mutterleib spielen auch noch die Milz und die Leber bei der Blutbildung eine Rolle.

Am Anfang stehen die sogenannten hämatopoetische Stammzellen.
Das sind Zellen im Knochenmark, die auf das Kommando warten, sich zu teilen. Dabei sind sie ihrer künftigen Entwicklung gegenüber noch völlig offen. Erst in weiteren Entwicklungsschritten in verschiedene „Vorläuferzellen“ zeigt sich, was aus der betroffenen Zelle eigentlich mal werden soll - ein rotes Blutkörperchen, eine Immunzelle oder  sonstiges. Dieser Prozess wird Differenzierung genannt.

Das Blut durchläuft in seinem Gefäßsystem den gesamten Organismus – bis auf Knorpelgewebe z.B. in den Gelenken sind alle Strukturen des Körpers an dieses System angebunden.

Damit die Versorgung überallhin im Körper funktioniert, braucht es einen starken Motor – das Herz.
Das Herz funktioniert wie ein Verteilerkreis und pumpt das Blut in zwei Kreisläufe.

Der eine ist der Lungenkreislauf – dabei wird das Blut vom Herz in die Lunge gepumpt, um dort mit Sauerstoff angereichert zu werden, um danach in den zweiten Kreislauf – den Körperkreislauf – überzugehen. So wird der Sauerstoff über das „Straßennetz“ bis in die Peripherie – in die Kapillaren (kleinste Blutgefäße) - gebracht, dort kommt es zum Gasaustausch,  danach fließt das Blut wieder zurück zum Herz, um erneut in den Lungenkreislauf gepumpt zu werden und Sauerstoff aufzunehmen.
Diese Aufgabe wird von den roten Blutkörperchen übernommen.

Blutzellen haben eine gewisse Lebensdauer. Ist diese vorüber, werden sie während ihrer Reise durch den Organismus abgebaut … sie werden jedoch nicht einfach entsorgt, wie ein Müllsackerl auf der Autobahnraststation … nein, Stoffe, die dem Organismus weiterhin nützen, werden „ recycelt“, nur der wirklich unbrauchbare Rest wird hauptsächlich über Milz und Leber entsorgt.

WAS IST ALLES DRIN IM BLUT?

Die Gesamtblutmenge beim Hund beträgt ca. 8 – 9 % seines Körpergewichtes.
Da muss also doch einiges drin sein, was dieses Gewicht rechtfertigt.
Blut ist also nicht einfach nur rot eingefärbtes Wasser, sondern es besteht zu ca. 55 % aus Blutplasma und zu ca. 45% aus festen Bestandteilen, den Blutzellen.

Blutplasma
Das Plasma ist der flüssige Bestandteil des Blutes und besteht zu 90% aus Wasser, die restlichen 10 % sind gelöste Stoffe, wie Proteine – Albumin, Globuline, Fibrinogen (Gerinnungsfaktor) -, Elektrolyte, Mineralsalze, Enzyme, Hormone, Vitamine, Harnstoff, Kreatinin und andere Substanzen.
Spricht man von Serum, sind keine Gerinnungsfaktoren mehr enthalten.

Die Proteine machen den Hauptanteil der Substanzen im Plasma aus.

Albumin  ist  eines der wichtigsten Transportmoleküle und kann – ähnlich wie ein Post-LKW – verschiedenste Substanzen wie Fettsäuren, Hormone oder auch Pharmaka von einem Ort zum anderen bringen. Außerdem sorgt es – wie auch Globulin - dafür, dass Flüssigkeit in den Gefäßen bleibt und nicht ins Gewebe austritt.
Sollten also Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe vorhanden sein, kann eine mögliche Ursache im einem erniedrigten Albumin- oder Globulin-Gehalt im Blut liegen.

Bei den Globulinen möchte ich vor allem die Immunglobuline erwähnen, die bei Abwehrreaktionen des Immunsystems eine große Rolle spielen.

 

Blutzellen

Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) durchlaufen mehrere Entwicklungsschritte im Knochenmark. Die Vorläuferzelle (Retikulozyt), aus der ein richtiger Erythrozyt wird, befindet sich bereits im Blut. Bei einer Blutabnahme erkennt man anhand der Retikulozyten-Zahl dann auch, ob eventuell gerade mehr rote Blutkörperchen produziert werden.
Der fertige Erythrozyt hat keinen Zellkern und keine Zellorganellen mehr und ist stark verformbar.

Die Aufgabe der Erythrozyten liegt hauptsächlich im Sauerstofftransport in die Körperzellen bis in die äußerste Peripherie und den Kohlendioxid-Rücktransport aus dem Gewebe in die Lunge.
Deshalb macht es auch Sinn, dass die Erythrozyten so formbar sind, denn sie müssen sich durch die dünnsten Gässchen quetschen können, damit in den sogenannten Kapillaren der Gasaustausch Sauerstoff gegen Kohlendioxid stattfinden kann.

In den Erythrozyten befindet sich das Hämoglobin, der Blutfarbstoff, das aus Eisen (Häm) und Protein (Globin) besteht und den roten Blutkörperchen ihre Farbe verleiht. Eisen bindet den Sauerstoff und dient diesem als Taxi durch das Gefäßsystem.

Erythrozyten haben beim Hund eine Lebensdauer von ca. 120 Tagen. Insgesamt befinden sich  ca. 5,5 – 8,5 Millionen Erythrozyten pro Mikroliter Blut in unseren Hunden – eine fast unvorstellbare Zahl!
Die Anzahl ist abhängig von der „Leistung“ des Hundes – ein sportlicher, bewegungsfreudiger Typ hat mehr Erythrozyten als ein „Sofa-Surfer“, da der Sauerstoffbedarf höher ist und somit mehr rote Blutzellen vorhanden sein müssen, um den Sauerstoff zu transportieren.

EPO hat als Dopingmittel leider traurige Berühmtheit erlangt.
Dabei ist das EPO – Erythropoetin – lediglich ein Botenstoff, der in der Niere gebildet wird und hauptverantwortlich für die Bildung der roten Blutkörperchen ist.
Braucht der Organismus mehr Erythrozyten, weil er mehr Sauerstoff braucht, um die körperliche Leistung zu erhöhen, wird EPO vermehrt ausgeschüttet und regt damit die Produktion der Erythrozyten an.

Aber auch die Leber und Hormone aus Schilddrüse und Nebennierenrinde reden da ein Wörtchen mit.

Auch weiße Blutkörperchen (Leukozyten) durchlaufen mehrere Entwicklungsstadien im Knochenmark. Sie entstammen denselben Vorläuferzellen wie die roten Blutkörperchen, allerdings verlassen die meisten von ihnen als ausgereifte Zellen die Blutbahn und siedeln sich in verschiedenen Geweben oder im Lymphsystem.

Sie verwalten als Immunzellen das Immunsystem. In meinem Blog-Beitrag „Das Immunsystem des Hundes“ habe ich sie bereits ausführlich beschrieben – ein Blick dorthin lohnt sich für jeden Interessierten.

Deshalb beschränke ich mich hier auf eine allgemeine Zusammenfassung der weißen Blutkörperchen.

Granulozyten: machen den Hauptbestandteil der Leukozyten aus
- die neutrophilen Granulozyten: auf das Eliminieren von Bakterien spezialisiert.
- die eosinophilen Granulozyten: auf die Parasiten-Abwehr spezialisiert, Teil des Allergie-Geschehens
- die basophilen Granulozyten: eher im Gewebe,  beinhalten Histamin (Entstehung von Entzündungsreaktionen)

Monozyten: Fresszellen, Makrophagen befinden sich im Gewebe

Lymphozyten: hauptsächlich in Lymphknoten und Lymphgefäßen und in der Darmwand, spezialisiert auf jeweils 1 Antigen
B-Zellen: können Gedächtniszellen entwickeln
T-Zellen: werden von T-Helferzellen bei der Immunabwehr unterstützt
NK-Zellen: natürliche Killerzellen, unterstützen B- und T-Zellen

 

Die Dritten im Bunde sind die Blutplättchen (Thrombozyten). Sie sind für die Blutgerinnung zuständig und werden bei der kleinsten Wunde aktiv. Ist ein Gefäß verletzt, heften sich die Thrombozyten an dieser Stelle fest aneinander und bilden so einen Thrombus, der die Gefäßöffnung wieder verschließt.

EINE FÜLLE AN AUFGABEN

.) Transportfunktion
Das Blut durchläuft wie oben beschrieben 2 Kreisläufe, um einerseits mit Sauerstoff angereichertes Blut zu den Zellen zu bringen und andrerseits sauerstoffarmes wieder zurückzubringen, um es erneut mit Sauerstoff zu „befüllen“

Es werden aber auch sämtliche Nährstoffe über die Blutbahn hin zu den Zellen transportiert, damit diese einwandfrei arbeiten können.
Gleichzeitig werden Abbauprodukte des Stoffwechsels zum Recycling oder zur Entsorgung gebracht.
Ebenso nützen die Immunzellen die Blutbahn für einen schnellen Transport ihrerselbst zu einem Infektionsherd. Somit trägt das Blut auch zur Immunabwehr bei.

Hormone nutzen den Weg über die Blutbahn zu ihren Einsatzorten. Sie werden etwa vom Gehirn ausgeschüttet, um Reaktionen im Körperinneren hervorzurufen. Anders herum bringen Hormone über das Blut auch Informationen aus dem Körperinneren zum Gehirn.

Auch Organe kommunizieren untereinander über Hormone, um notwendige Aktionen zu veranlassen. Blut spielt also auch bei der Kommunikation im Inneren des Hundekörpers eine große Rolle

.) Wärmeregulation
Über das Blut wird der Wärmehaushalt des Hundes kontrolliert. Ist dem Hund zu heiß, kann über oberflächliche Blutgefäße Wärme abgegeben werden, ist ihm zu kalt, wird die Wärme eher im Körperinneren gehalten, um die lebenswichtigen Organe vor Abkühlung zu schützen.

.) Regulation des Säure-Basen-Gehaltes
Der pH-Wert des Hundes liegt bei 7,3 bis 7,4. Dieser Wert muss konstant gehalten werden, damit sämtliche Stoffwechselvorgänge im Körper vonstatten gehen können und das Milieu gleichbleibt. Dazu werden Puffersysteme benötigt, die eventuelle Abweichungen wieder ausgleichen können.

Ein Puffersystem läuft über die Atmung, ein zweites über die Niere. Es gibt noch kleinere, zwischengeschaltete Puffersysteme, die jedoch weitaus weniger effektiv arbeiten. Funktioniert eines der Systeme oder mehrere nicht mehr, kommt es letztlich zu einer Übersäuerung oder zu einem Überschuss an Basen im Organismus.

.) Wasserhaushalt
Jede Zelle braucht Wasser, um uneingeschränkt arbeiten zu können. Mit Hilfe von Proteinen und Elektrolyten halten Zellen im Gewebe den „Wasserstand“ stabil. Über das Prinzip der Osmose wird Wasser aus dem Blut in die Zelle gesogen, kann aber auch wieder aus der Zelle in das Blut abgegeben werden.

.) Wundheilung und Gewebeverschluss
Über Rezeptoren und Botenstoffe wird bei einer Gewebeverletzung Alarm gegeben. Thrombozyten im Blut gelangen an die Stelle der Verletzung, heften sich an die Gefäßwand, bilden einen Thrombus und verschließen sie. Gleichzeitig wird über eine Entzündungsreaktion die Wundheilung in Gang gesetzt. Der Thrombus wird wieder abgebaut, wenn die Wunde verheilt ist.

BLUTGRUPPEN BEIM HUND – gibt´s die überhaupt?
Ja, die gibt´s.
Genau wie wir Menschen haben auch Hunde unterschiedliche Blutgruppen.
Die Unterscheidung wird aufgrund von Antigenen (Oberflächenproteinen) an den Erythrozyten getätigt, die ganz nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip zu bestimmten Antikörpern passen.

Bei Hunden werden an die 12 verschiedenen Blutgruppen beschrieben. Sie werden mit DEA („Dog-Erythrocyte-Antigen“) gekennzeichnet, die häufigste Blutgruppe ist DEA 1.1.
In Folge werden die Blutgruppen in DEA 1.0-Serie, DEA 3.0-Serie, etc. unterteilt.

Wie auch beim Menschen unterscheidet man die Blutgruppen in positiv und negativ.
„Positiv“ bedeutet, dass ein weiteres Antigen am Erythrozyten sitzt, „Negativ“ bedeutet, es ist kein weiteres Antigen zu finden.

Bei einer Blutspende ist die Blutgruppe DEA 1.1 negativ am geeignetsten, denn dieses Blut kann jedem anderen Hund gegeben werden.
Andrerseits kann ein Hund mit Blutgruppe DEA.1.1 positiv alle anderen Blutgruppen erhalten.

Erhält ein Hund zum ersten Mal in seinem Leben eine Blutspende, ist die Blutgruppe noch egal, weil noch keine Antikörper gebildet wurden. Bei einer zweiten Spende muss die Blutgruppe allerdings bekannt sein, da bereits Antikörper vorhanden sind und eine unpassende Spende mitunter schlimme Folgen haben kann.

Bei all diesen Aufgaben, die das Blut zu erfüllen hat, ist es verständlich, warum man alles daran setzen sollte, es so gesund wie möglich zu erhalten. Dies gelingt mit einer ausgewogenen Ernährung, ausreichend Bewegung, gutes Training im Sport, aber auch genügend Ruhephasen.
Ihr könnt Euch Tipps von Euren Tierärztinnen/Tierärzten oder auch von Gesundheitscoaches und Ernährungsberater für Hunde einholen.

Habt Ihr bereits einen Blutbefund Eurer Hunde in Händen, könnt Ihr diesen nun hoffentlich ein Stück weit besser interpretieren. Ihr wisst nun, welche Blutzellen gemeint sind und habt eher eine Vorstellung von den Konsequenzen, wenn die Werte außerhalb der Normbereiche liegen. Die Tierärztin oder der Tierarzt Eures Vertrauens erklärt Euch zwar sowieso die wichtigsten Dinge, aber ich finde es persönlich immer gut, wenn ich auch ungefähr weiß, worüber da gesprochen wird.

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